Berührend, virtuos und echt!

Ein Festival. Drei Tage. Fünfzehn Musikerinnen und Musiker auf der Bühne des Seekirchner Emailwerks. Und alle besessen von einer Instrumentengattung: dem Handzuginstrument. Während am ersten Abend der Tiroler Siggi Haider die komplexen Kompositionen von Werner Pirchner auf dem Tastenakkordeon zu Gehör brachte, verführte der Italiener Daniele di Bonaventura am Freitag das Publikum dazu, sich in die schwermütige und leidenschaftliche Welt des Bandoneons zu versenken.

Kuratiert wird das Festival mit dem inhaltsschweren Titel „ECHT“ von Alexander Maurer, einem der umtriebigsten Musiker in der zeitgenössischen Volksmusik-Szene. Er war es auch, der den dritten Konzertabend gestaltete - und zwar mit „seinem“ Instrument, der Steirischen Harmonika. Neben heftigster Konzerttätigkeit in mehreren Formationen leitet er an der Hochschule für Musik und Theater München sowie an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz eine Klasse für Steirische Harmonika. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen, sich einfach auf die Bühne zu stellen und die ganze Bandbreite dieses faszinierenden diatonischen Instruments brillant vorzuführen. Mitnichten.

Er lud Freundinnen und Freunde ein, diesen Abend mit ihm auf der Bühne zu zelebrieren, ein Fest für die „Steirische“ zu gestalten. Diese Protagonisten setzten sich zusammen aus begeisterten Studierenden und Absolventen der genannten Bildungsstätten und dem Gitarrenprofessor Thomas Wallisch, einem Verbündeten im Geiste der Musik. Was das Publikum dabei zu hören und zu sehen bekam, verschlug einem förmlich den Atem, man durfte die gelungene Symbiose von tiefen Gefühlen und radebrecherischer Perfektion erleben. Wer bisher Alexander Maurer nur als Musiker kannte, erlebte an diesem denkwürdigen Abend einen Talenteschmied, der seine musikalischen Kinder das erst Mal stolz präsentierte.

Und stolz durfte er sein! Die umjubelten Performances der Schützlinge Katrin Auer, Katharina Baschinger, Irmi Grünwald, Monika Schwaiger, Hannes Servi und Michael Weissensteiner reichten von atemraubenden Läufen einer Polka über entfesselte Swing-Interpretationen bis zu berührenden Jodlern - alles auf der Steirischen, versteht sich.

Unterstützung gab es von den ebenfalls famos musizierenden Damen Theresa Lehner (Harfe und Hackbrett), Franziska Meier (Hackbrett) und Katrin Auer (Kontrabass), um die Steirische nicht nur solistisch, sondern auch im Ensemble zu präsentieren. Aus unterschiedlichsten Bereichen und Gegenden kommen die sympathischen MusikerInnen, sie gehen verschiedensten Berufen nach, die Jüngste ist gerade mal 16 Jahre alt. Alle eint ein Moment: Die Liebe zu diesem einzigartigen Instrument - kraftvoll, stolz und mit einer Präsenz wie kaum ein anderes. Dieses Instrument spielerisch und virtuos zu beherrschen, ist ihr erklärtes Ziel. Wo da noch Luft nach oben ist, konnte man als Zuhörender beim besten Willen nicht erkennen, so vollendet war jeder einzelne Vortrag.

Dazwischen solo, aber auch mit im Ensemble immer wieder Alexander Maurer, nicht als Pädagoge, sondern als Musiker, der weiß, wovon er spricht, denn Musik dringt bei ihm aus jeder Pore. Aber auch mit Thomas Wallisch im Duo, wo die Möglichkeiten des Instrumentes auch im Jazzbereich ausgelotet wurden oder einfach im Ensemble mit den anderen MusikerInnen. Man könnte noch Dutzende von Highlights dieses Abends beschreiben - sinnlos, man muss einfach dabei gewesen sein, um die unzähligen Gänsehauterlebnisse des Abends am eigenen Körper zu spüren.

Doch wer glaubte, das sei nun schon alles gewesen, der kennt Alexander Maurer nicht. Mit den Worten “Volksmusik ist Tanzmusik“ eröffnete er die anschließend denkwürdige Nacht. Im zweiten Teil des Konzertes stellte er es mit nochmals weiteren hinzu kommenden MusikerInnen (wie die großartige Genoveva Hamberger an der Geige) unter Beweis: Auf einmal saß die „Musi“ mitten im Publikum, Stühle wurden weggeräumt und es wurde: getanzt! Genauso, wie seit jeher in den Stuben musiziert wurde, auf Augenhöhe mit den Zuhörern und höchstens eine Armlänge entfernt, um die positive Energie dieser kraftvollen Musik aus nächster Nähe zu spüren. Volksmusik erleben - das war das Motto des zweiten Teils. Schon bald hörte man auch Klänge der Steirischen aus der Lounge im OG, aus der Bar, manchmal ergab sich, dass das Ensemble im Saal dasselbe anstimmte wie die Ziachspieler in der Lounge, was zu jubelnden Ausbrüchen führte. Bis weit über Mitternacht war das Kulturhaus in Seekirchen ein einziger Klangkörper.

Eine Nacht, die als ganz besonders in die Geschichte des Emailwerks eingehen wird.

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